BIM Innovationen und Forschung

Digitalisierung in der Baubranche: ein aktueller Stand

Die Baubranche steht vor der Herausforderung Digitalisierung. Der Stufenplan Digitales Planen und Bauen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) gibt Anstoß für das Wachstum digitaler Lösungen im Bausektor die Einführung von BIM. Doch inwieweit ist die Digitalisierung bereits in der Praxis der Bauunternehmen angekommen? Das ist die zentrale Frage der Studie „Digitalisierung der Baubranche“. Die Ergebnisse decken auf, wo jetzt Handlungsbedarf besteht.

Die 2023 veröffentlichte Studie erfolgte im Rahmen des vom BMDV geförderten Projekts „Digital Construction Management“ und wurde durch die Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering (IESE), das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM), die Science and Innovation Alliance Kaiserslautern e. V. (SIAK) und buildingSMART Deutschland e. V. durchgeführt.

Das Team interviewte im November und Dezember 2023 26 Personen aus 25 unterschiedlichen Unternehmen. Zum Großteil handelte es sich dabei um BIM-Mangerinnen und -Manager, Projektleitungen und Geschäftsführungen. Die Interviews geben einen Einblick in ihre Erfahrungen, Wünsche und Lösungsstrategien und zeichnen ein umfassendes Bild des Status quo der Digitalisierung im Bauwesen.

 

Erleichterung im Arbeitsalltag durch digitale Lösungen

Für die meisten der Studienteilnehmenden bedeutet Digitalisierung vor allem eines: eine große Erleichterung ihres Arbeitsalltags. Sie erhoffen sich, dass sie durch den Wechsel von Papier zu digitalen Lösungen effizienter arbeiten und Zeit einsparen können.  Einen Grund dafür sehen die Interviewten darin, dass Daten und Informationen, die sie benötigen, durch digitale Lösungen jederzeit und unkompliziert abrufbar sind. Ein Wunsch vieler ist auch, dass Routineaufgaben – teilweise oder auch vollständig – automatisiert durchgeführt werden. Dies ermögliche den Fachkräften mehr Zeit und Fokus für komplexere Aufgabenbereiche, die nicht automatisierbar sind.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt bei der Frage nach den Erwartungen an die Digitalisierung war die Vereinfachung der Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen. Gemeinschaftlich Informationen zur Verfügung stellen und austauschen sei analog mühselig und anfällig für Fehler. BIM könnte diesen Prozess vereinfachen. Durch Softwarelösungen seien Informationen für alle Prozessbeteiligten orts- und zeitunabhängig verfügbar. Das schaffe eine allgemeine Transparenz, die die Zusammenarbeit erleichtere und stärke. Denn in einem ganzheitlichen Prozess, der klaren Standards unterliegt und in dem Daten zentral abgelegt sind, kommt es seltener zu Informationsbrüchen und Doppelarbeiten. Das wirke sich wiederum positiv auf die Bauqualität und Effizienz aus. Eine große Hoffnung ist, dass die Digitalisierung Berufe im Bauwesen und die Branche selbst attraktiver mache.

 

Status quo: diverse Tools bereits im Einsatz

Um den aktuellen Stand der Digitalisierung zu bewerten, wurden die Studienteilnehmenden auch danach gefragt, welche IT-Systeme in ihren Unternehmen eingesetzt werden und welche Funktionen diese erfüllen. Bei der Dokumentenverarbeitung wird hauptsächlich auf ein weit verbreitetes Office-Softwarepaket zurückgegriffen. Die bevorzugten Werkzeuge für Kommunikation und Teamarbeit umfassen eine Kollaborationsplattform sowie eine digitale Whiteboard-Anwendung, die es ermöglicht, in Echtzeit gemeinsam an Ideen und Projekten zu arbeiten. Für den Datenaustausch wird oft ein Filesharing-Dienst genutzt, während für die Terminplanung eine spezialisierte Projektmanagementsoftware zum Einsatz kommt. Eine genaue Übersicht erhalten Sie hier (Seite 10ff).

 

Das sind die Herausforderungen in der Praxis

In der Praxis werden bereits zahlreiche Tools regelmäßig eingesetzt, die generell gut funktionieren, allerdings mit kleineren Einschränkungen. Die Einarbeitungszeit in diese Tools wird von Fachleuten als relativ hoch bewertet. Schwierigkeiten entstehen besonders dann, wenn bei der Zusammenarbeit unterschiedliche Softwarelösungen zum Einsatz kommen.

Doch die größten Herausforderungen für die Digitalisierung der Brauchbranche liegen, laut Analyse der geführten Interviews, nicht auf technischer Seite.

  • Personelle Hindernisse
    Große Hindernisse seien personeller Natur, so ein Fazit der Studie. Der Personalmangel fordere die Branche, was sich auch im Bereich der Digitalisierung bemerkbar mache. Es fehle noch immer an gut ausgebildetem Nachwuchs. Die Interviewten bemängelten, dass das Interesse an der Digitalisierung in ihrer Belegschaft häufig nicht groß genug sei. Das ergebe sich aus einem Generationenbruch, dem Festhalten an alten Prozessen und der Annahme vieler, dass die Digitalisierung ein bloßer Mehraufwand bedeute und kein Gewinntreiber sei.
  • Finanzielle Hindernisse
    Auch der finanzielle Aspekt sei ein Hindernis für viele der Befragten. Ein digitales Bauvorhaben bedeute für viele Unternehmen die Beschaffung aktueller Hardware und Softwarelizenzen, die gerade für KMU eine verhältnismäßig große Investition sind. Auch die Weiterbildung, u. a. für diese Hard- und Software, für die bestehenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei eine finanzielle Hürde, so die Teilnehmenden.
  • Strukturelle Hindernisse
    Strukturelle Hindernisse ergeben sich aus einem fehlenden Regelwerk, an dem sich Auftraggebende und -nehmende orientieren können: Die Politik in Deutschland wünscht sich die Digitalisierung der Baubranche, fordert diese aber nicht ein. Auch auf europäischer Ebene gibt es auf diesem Gebiet kein einheitliches Vorgehen, mit Folgen für den Wettbewerb. Zudem hinken viele deutsche Behörden hinterher, wenn es um die Digitalisierung ihrer Prozesse und Arbeitsweisen geht. Vergabeverfahren seien zu komplex und uneinheitlich und Bauanträge nur „pseudo-digital“.

 

So kann die Digitalisierung gelingen
Durch die Benennung aktueller Herausforderungen und Probleme kristallisierten sich folgende mögliche Lösungsansätze heraus:

  • Große Unternehmen können als Leitbilder für kleinere Betriebe fungieren.
  • Unternehmen sollten in Schulungen sowie Budgets für digitale Innovationen investieren, um sowohl bestehende und neue Teammitglieder fortzubilden.
  • Die Bildung von spezialisierten Teams und die Priorisierung digitaler Initiativen von der Unternehmensspitze aus, um die digitale Dynamik zu fördern, wird ebenfalls empfohlen.
  • Unternehmen sollten klare Prozesse und Standards schaffen, die den Umgang mit digitalen Technologien und Prozessen regeln. Dies können Standards für die Datenübertragung oder die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen sein.
  • Gute Best-Practices-Beispiele sollten von Unternehmen dokumentiert und weitergegeben werden, da diese Vorgehensweise eine Voraussetzung für die erfolgreiche Verbreitung der Digitalisierung ist.
  • Unternehmen sollten verstärkt Kooperationen mit Forschungseinrichtungen zum Austausch von Know-how und Erfahrungen eingehen.
  • Handlungsansätze für Politik und Verwaltung durch Förderung von Digitalisierungsprojekten und Kooperationen, klare rechtliche Rahmenbedingungen, Förderung digitaler Kompetenzen sowie Anreize (bspw. steuerliche Vorteile) zur Digitalisierung

BIM Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, die diversen Handlungsansätze und Kooperationen zu bündeln. Als zentrale Anlaufstelle zum Thema Digitalisierung in der Baubranche möchten wir uns für ein Vorankommen der zahlreichen und vielversprechenden Kooperationen einsetzen. Haben Sie Fragen zu BIM oder stoßen Sie in Ihrer Arbeit auf Hürden beim Thema Digitalisierung? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!

 

 

Im Auftrag von:

Teilen E-Mail Xing Facebook Twitter LinkedIn