Ein Ingenieur schaut von dem Balkon eines modernen Gebäudes über eine Stadt.

Effizientes Informationsmanagement mit CDE – Erfolgsfaktor im digitalen BIM-Prozess

Was ist eine CDE?

Eine gemeinsame Datenumgebung (Common Data Environment – CDE) ist ein essenzieller Bestandteil eines erfolgreichen digitalen Informationsmanagements in Bau- und Infrastrukturprojekten. CDEs sind zentrale Plattformen oder Umgebungen, die die standardisierte Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten ermöglichen. Innerhalb einer CDE werden sämtliche Daten und Dokumente, die in einem Projekt entstehen und benötigt werden, zentral gespeichert, versioniert, freigegeben und archiviert. So wird sichergestellt, dass alle Projektbeteiligten jederzeit Zugriff auf konsistente, aktuelle und abgestimmte Informationen haben. Gemäß der Norm DIN EN ISO 19650, die das Informationsmanagement im Kontext von BIM regelt, wird eine CDE als zentrale Quelle der „vertrauenswürdigen Informationen“ bezeichnet.

Die auf dieser Seite dargestellten Inhalte orientieren sich am anerkannten normativen Verständnis der CDE gemäß DIN EN ISO 19650.

 

CDE als zentrale Plattform für Open-BIM

Das Prinzip „Open-BIM“ beschreibt die Philosophie und Methodik der offenen Zusammenarbeit. Demgegenüber stellt die CDE die technische Infrastruktur zur praktischen Umsetzung dieser Zusammenarbeit bereit. Sie sorgt dafür, dass die nach den Prinzipien von Open-BIM generierten Daten zentral gespeichert, nachvollziehbar organisiert und allen Projektbeteiligten kontrolliert zugänglich gemacht werden.

Sowohl CDEs als auch Open-BIM verfolgen somit das übergeordnete Ziel, die Verbesserung der Zusammenarbeit durch reibungslose Kommunikation und transparente Datenhaltung zu ermöglichen. Es gibt jedoch auch CDEs, die den Open-BIM-Ansatz nicht unterstützen und nur innerhalb eines abgegrenzten Ökosystems nutzbar sind. Offene CDEs hingegen sind ein wesentliches technisches Instrument zur erfolgreichen Umsetzung der Vision von Open-BIM.

 

Nutzung offener Datenformate
Ein zentraler Bestandteil von Open-BIM ist der Einsatz offener, standardisierter Dateiformate – insbesondere der Industry Foundation Classes (IFC). Eine CDE, die Open-BIM unterstützt, bietet daher ausdrücklich die Möglichkeit, IFC-Dateien sowie andere offene Standards zu verwalten, zu prüfen und kollaborativ zu nutzen.
Durch den Einsatz einer solchen CDE können Projektteams unabhängig von den jeweils verwendeten Softwarelösungen effizient zusammenarbeiten. Die Verwendung offener Datenformate hilft dabei, Datensilos und technische Barrieren zu vermeiden – zugunsten eines transparenten, durchgängigen und kollaborativen Projektablaufs von der Planung bis zum Betrieb.

 

Bestandteile und Komponenten einer CDE

Eine CDE besteht typischerweise aus mehreren Hauptbestandteilen mit den nachfolgend beschriebenen Aufgaben:

Dokumentenmanagementsystem (DMS)
Verwaltung projektbezogener Dokumente, Dateien und Zeichnungen in strukturierter Form – inklusive Metadaten, Versionierung, Änderungsverfolgung und Freigabe-Workflows.

Modellverwaltung
Verwaltung von 3D-Modellen, Digitalen Zwillingen und anderen strukturierten Informationen, die über IFC-Formate oder andere offene Schnittstellen integriert werden.

Kommunikations- und Kollaborations-Tools
Tools zur Unterstützung der direkten Kommunikation, des Aufgabenmanagements, der Kommentierung sowie der Freigabe von Projektinformationen zur Ermöglichung nachvollziehbarer Workflows.

Prozesse und Workflows
Definition von Freigabeprozessen, Bearbeitungsschritten und Verantwortlichkeiten, um Datenkonsistenz und Qualität sicherzustellen.

Zugriffs- und Berechtigungsmanagement
Steuerung von Rollen, Rechten und Verantwortlichkeiten der Beteiligten, um unbefugten Zugriff zu verhindern und sicherzustellen, dass nur die jeweils relevanten Daten sicht- und bearbeitbar sind.

Protokollierung und Nachvollziehbarkeit (Audit-Trail)
Erfassung jedes Zugriffs, jeder Änderung und jeder Interaktion im System – zur Sicherung der Transparenz und rechtlichen Nachverfolgbarkeit.

 

Phasen und Bereiche von CDEs (nach DIN EN ISO 19650)

Um Informationen und Daten in Bau- und Infrastrukturprojekten bestmöglich zu organisieren, sieht die Norm DIN EN ISO 19650 einen klaren Ablauf sowie definierte Bereiche innerhalb einer CDE vor. Diese Bereiche sorgen dafür, dass klar erkennbar ist, welche Entwicklungs- und Freigabestatus eine Information im Projekt aktuell hat.

Jede Information im Projekt durchläuft typischerweise vier klar voneinander abgegrenzte Phasen oder Bereiche innerhalb einer CDE:

 

1. In Bearbeitung – Bearbeitungsbereich (Work in Progress)

In diesem ersten Bereich befinden sich alle Informationen, Dokumente oder BIM-Modelle, an denen gerade aktiv gearbeitet wird. Hier entsteht oder entwickelt sich der Großteil der Projektdaten intern bei den jeweiligen Bearbeitern oder Fachplanern.

Besonderheiten:

  • Die Informationen in diesem Bereich sind Arbeitsstände, werden häufig verändert und sind noch nicht für alle Projektbeteiligten freigegeben.
  • Zugriff haben nur die beteiligten Bearbeiter oder internen Teams, die zu diesem Zeitpunkt mit diesen Daten arbeiten.
  • Nach Abschluss der Arbeiten werden die Inhalte anderen zur Verfügung gestellt.

Beispiel:
Ein Architekt erstellt ein erstes Modell eines Gebäudes. Dieses Modell liegt zunächst im „Work-in-Progress“-Bereich, ist nur intern sichtbar und wird kontinuierlich angepasst und verbessert, bis es bereit ist, mit anderen Projektbeteiligten geteilt zu werden.

 

2. Geteilt – geteilter Bereich (Shared)

Wurden die Informationen auf die festgelegten Qualitätsstandards geprüft, verschieben die jeweiligen Bearbeitenden diese Daten aus dem Bereich „Work in Progress“ in den Bereich „Shared“. Dieser Schritt signalisiert, dass die Informationen nun bereit sind, um mit anderen Projektbeteiligten geteilt, abgestimmt und weiterentwickelt zu werden.

Besonderheiten:

  • Die hier abgelegten Daten und Dokumente wurden intern überprüft, sind aber noch nicht final freigegeben.
  • Der Shared-Bereich dient dazu, die Abstimmung zwischen Fachplanern, Projektpartnern oder auch Auftraggebern zu ermöglichen.
  • Alle Beteiligten, die Zugang zu diesem Bereich erhalten, können die Inhalte kommentieren und Änderungen vorschlagen.

Beispiel:
Das Architekturmodell, das zuvor noch intern bearbeitet wurde, ist jetzt soweit fertiggestellt, dass der Architekt es den Statikern und Haustechnikplanern zeigen möchte. Er verschiebt das Modell nun in den „Shared“-Bereich. Dort können diese Fachplaner die Inhalte prüfen und kommentieren.

 

3. Veröffentlicht/freigegeben – veröffentlichter Bereich (Published)

Erst wenn alle beteiligten Parteien die geteilten Informationen vollumfänglich geprüft, kommentiert und freigegeben haben, werden diese in den Bereich „Published“ verschoben. Dieser Bereich enthält somit Informationen, Dokumente und Modelle, die als verbindlich und offiziell genehmigt gelten.

Besonderheiten:

  • Daten in diesem Bereich gelten als offizielle, verbindliche Grundlage für weitere Schritte.
  • Der Zugriff ist für alle relevanten Beteiligten möglich, allerdings können diese Informationen nicht mehr einfach verändert werden.
  • Änderungen sind nur noch über klar geregelte Änderungs- und Freigabeprozesse möglich, die in der Regel sehr streng dokumentiert werden müssen.

Beispiel:
Nachdem das Architekturmodell intensiv durch Architekten, Statiker, Haustechnikplaner und den Auftraggeber geprüft wurde und alle Beteiligten ihr Einverständnis gegeben haben, wird das Modell in den Bereich „Published“ verschoben. Ab jetzt gilt es als verbindliche Grundlage für die weiteren Planungsschritte oder sogar für die Bauausführung.

 

4. Archiv (Archive)

Der letzte Bereich, das „Archiv“, ist für Informationen vorgesehen, die nicht mehr aktiv genutzt werden, aber dennoch langfristig aufbewahrt werden müssen. Dies betrifft insbesondere Dokumentationen, fertige Planungsstände, Modelle oder Berichte, die während des Projekts entstanden sind und die für zukünftige Phasen, Wartungsarbeiten oder rechtliche Nachweise erforderlich sein können.

Besonderheiten:

  • Dieser Bereich stellt die langfristige Aufbewahrung sicher.
  • Die hier archivierten Informationen dienen meist als Dokumentation oder Grundlage für Betrieb, Wartung und spätere Nutzung des Gebäudes.
  • Es gibt klare Vorgaben, wie lange diese Daten archiviert bleiben müssen und wie auf sie zugegriffen werden kann.

Beispiel:
Nach Fertigstellung und Übergabe eines Gebäudes an den Betreiber werden die endgültigen Ausführungsmodelle, Abnahmeprotokolle und relevante Vertragsdokumente aus dem Bereich „Published“ in den Bereich „Archive“ verschoben. So stehen diese langfristig für Wartungsarbeiten, Facility Management oder eventuelle rechtliche Fragen zur Verfügung.

Vorteile einer CDE

Die Nutzung einer CDE bringt für Projekte im Bau- und Infrastruktursektor viele entscheidende Vorteile mit sich. Ziel einer CDE, alle wichtigen Informationen an einem einzigen zentralen Ort zu bündeln, um eine reibungslose Zusammenarbeit aller Beteiligten zu ermöglichen. Dadurch wird das gesamte Projekt effizienter, sicherer und erfolgreicher gestaltet. Im Folgenden sind die Vorteile einer CDE ausführlicher beschrieben. 

 

Verbesserung der Informationsqualität

Wenn Daten in verschiedenen Systemen und Versionen gespeichert und bearbeitet werden, können Informationen mehrfach vorhanden, widersprüchlich oder fehlerhaft sein. Eine CDE vermeidet genau dieses Problem durch: 

  • Zentrale Speicherung: Alle wichtigen Dokumente, Pläne und Modelle sind zentralverfügbar. Dies verhindert, dass verschiedene Versionen derselben Information parallel existieren und zu Verwirrungen führen. 
  • Klare Strukturierung: Durch eindeutige Strukturierung der Informationen entstehen weniger Missverständnisse, weniger Doppelarbeit und weniger Fehler bei der Datenbearbeitung. 
  • Versionskontrolle: Durch eine eindeutige und nachvollziehbare Versionierung jeder Datei können alle Beteiligten jederzeit genau nachvollziehen, welche Version aktuell gültig und relevant ist.

Beispiel:
Ohne eine CDE könnte ein Architekt versehentlich mit veralteten Plänen arbeiten, was zu kostspieligen Korrekturen auf der Baustelle führen kann. Mit einer CDE sieht er sofort, welche Planversion aktuell und verbindlich ist.

 

Erhöhte Transparenz und Effizienz

Eine CDE verbessert die Transparenz innerhalb eines Projekts wesentlich, indem die Projektbeteiligten jederzeit nachvollziehen können, welche Daten aktuell vorliegen, wer dafür verantwortlich ist und was noch erledigt werden muss. Dies steigert gleichzeitig die Effizienz:

  • Direkter Zugang zu aktuellen Informationen: Projektbeteiligte müssen keine Zeit mehr darauf verwenden, aktuelle Dokumente oder Informationen zeitintensiv aus verschiedenen Quellen zusammenzusuchen.
  • Informationsparität: Wenn alle Beteiligten – vom Architekten bis zum Bauleiter – Zugang zu denselben, aktuellen Informationen haben, können wichtige Informationen nicht einfach übersehen oder falsch interpretiert werden. 
  • Vereinfachte Kommunikation: Rückfragen, Klärungen und Abstimmungen können mit einer CDE leichter und effizienter durchgeführt werden. Bessere Kommunikation und Zusammenarbeit führen zu weniger Missverständnissen zwischen Planern, Auftraggebern, Bauunternehmen und Behörden.
  • Klare Workflows: Vordefinierte und transparente Prozesse sorgen dafür, dass Freigaben schneller erfolgen können, Wartezeiten verkürzt werden und die Arbeitsschritte einfach nachvollziehbar bleiben. Eine klare Arbeitsteilung vermeidet außerdem redundante Tätigkeiten.

Beispiel:
Dank einer CDE erkennt ein Haustechnikplaner sofort, wenn der Architekt Änderungen vorgenommen hat und kann seine Planung entsprechend anpassen, ohne auf separate Benachrichtigungen warten zu müssen. Er muss auch nicht mehrere E-Mail-Ketten durchsuchen, sondern greift unmittelbar auf die aktuelle Planungsversion in der CDE zu. 

 

Reduktion von Risiken und Kosten

Ein weiterer entscheidender Vorteil einer CDE besteht in der deutlichen Verringerung von Projektrisiken und daraus resultierenden Mehrkosten:

  • Mehr Übersichtlichkeit: Durch die zentrale und kontrollierte Informationshaltung werden Konflikte – beispielsweise Kollisionen zwischen Architektur und Haustechnik – frühzeitig erkannt und korrigiert, bevor sie zu Verzögerungen und kostspieligen Nacharbeiten auf der Baustelle führen.
  • Vereinfachte Kommunikation: Rückfragen, Klärungen und Abstimmungen werden mit einer CDE vereinfacht. Eine bessere Kommunikation vermeidet Missverständnisse und erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Planern, Auftraggebern, Bauunternehmen und Behörden.

Beispiel:
Wenn durch die CDE eine Kollision von Lüftung und Tragwerk frühzeitig erkannt und behoben wird, entstehen keine zusätzlichen Umbauarbeiten, welche oft teuer und zeitintensiv sind.

 

Langfristige Datenverfügbarkeit und optimiertes Facility Management

Ein oft unterschätzter, langfristiger Vorteil einer CDE ist die nachhaltige Nutzung und Verfügbarkeit von Projektinformationen über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks:

  • Langfristige Datenverfügbarkeit: Sämtliche Informationen, die während der Planung, der Bauphase oder des Betriebs gesammelt wurden, bleiben strukturiert erhalten und gehen nach Fertigstellung des Gebäudes nicht verloren.
  • Optimierung von Wartung und Instandhaltung: Facility Manager oder Betreiber können langfristig auf verlässliche Informationen und Modelle zurückgreifen. Dies erleichtert Wartungsplanungen, Reparaturen und Umbauten deutlich.
  • Nachhaltige Datennutzung: Dokumentationen und Planungsstände, die zentral archiviert wurden, ermöglichen auch Jahrzehnte später eine problemlose Verwendung der Informationen, etwa bei Erweiterungen, Sanierungen oder Nutzungsänderungen.

Beispiel:
Wenn nach zehn Jahren eine Reparatur an der Heizungsanlage nötig ist, stehen dank der CDE sofort alle relevanten Daten, Pläne und Betriebsanleitungen digital bereit. Wartungsarbeiten werden dadurch erheblich vereinfacht.

Zugrundeliegende Normen und Standards

Eine CDE basiert auf internationalen Normen und Standards, insbesondere:

  • DIN EN ISO 19650 (Teil 1 bis 5): Informationsmanagement im Bauwesen mit BIM

  • DIN SPEC 91391: Gemeinsame Datenumgebungen für BIM-Projekte

  • VDI 2552 Blatt 5: Building Information Modeling – Datenmanagement

Diese Normen regeln sowohl die inhaltlichen als auch die prozessualen Anforderungen und bilden die Basis für ein standardisiertes, erfolgreiches Informationsmanagement.

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