BIM im Schienenbau – Strategie und Praxis
Wie wird BIM in Schienenbauprojekten eingesetzt und welche Strategie verfolgt die Deutsche Bahn AG diesbezüglich? Lernen Sie die Anwendung von BIM im Schienenbau anhand der U-Bahn-Erweiterung der U5 aus Hamburg kennen, informieren Sie sich über die Zukunft des digitalen Bauens bei der DB und erfahren Sie mehr über das BIM-Experimentallabor für den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Karlsruhe und Basel.
Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Hamburg geht voran: Mit der U5 sollen auf einer Strecke von 25 Kilometern in Zukunft täglich 270.000 Menschen transportiert werden. Die neue U-Bahn wird Hamburg von Ost nach West durchqueren und das öffentliche Verkehrsnetz der Stadt um 23 neue Haltestellen erweitern. Seit 2022 läuft das Projekt bereits. Die zuständige HOCHBAHN AG setzt von Anfang an auf die Methode BIM: Zusammen mit den am Projekt beteiligten Akteuren möchte sie insbesondere den Planungsprozess weitgehend modellbasiert bzw. hybrid durchführen.
Ziel ist es, durch den Einsatz von BIM ein stimmiges und realisierbares Planungskonzept zu entwickeln. Dabei ist die effiziente Kommunikation zwischen den von entscheidender Bedeutung. Der modellbasierte Austausch erfolgt über eine gemeinsame digitale Plattform, die für klare Aufgabenverteilung und transparente Prozesse sorgt.
Ein abgestimmter Workflow für alle Akteure
Bereits zu Beginn des Projekts wurden Workflows, Zugriffsrechte und der Umfang der Modellierung in einer Testphase überprüft und anschließend optimiert. Diese Phase führt zu einem abgestimmten Workflow: Alle Beteiligten, einschließlich der Prüfingenieurinnen und -ingenieure, sind in den Prozess eingebunden.
Die Architektinnen und Architekten, die für den Ausbau der Haltestellen verantwortlich sind, arbeiten ebenfalls modellbasiert. Sie nutzen die bereitgestellten Rohbau- und TGA-Modelle als Grundlage für ihre Ausbaumodelle, die über die gemeinsame Plattform geteilt werden. Auch Baugrundgutachterinnen und -gutachter sind in diesen Prozess eingebunden und liefern Baugrund- und Grundwassermodelle sowie Bemessungsprofile in digitaler Form.
Der Digitale Zwilling als Bestandsmodell
Eine der größten Herausforderungen bei einem Großprojekt wie der U5 ist das Informationsmanagement. Um hier den Überblick zu behalten, hat die HOCHBAHN U5 Projekt GmbH ein Bestandsmodell entwickelt – einen digitalen Zwilling. Er steht allen Akteuren zur Verfügung, erleichtert die Bewertung relevanter Daten und wird kontinuierlich aktualisiert, um Informationsverluste zu vermeiden. Dabei kann der Detailgrad des digitalen Zwillings stets an die Erfordernisse der Planung angepasst werden.
Mit der Anheftung von Geokoordinaten und eindeutigen Objekt-IDs an Daten, Elemente und Dokumente können Verknüpfungen und Abfragen effizient bearbeitet werden. Dies erleichtert die Informationssuche erheblich und ermöglicht automatisierte Prozesse wie die Erstellung von Flächenbedarfsplänen. Für die Planungen bietet die modellbasierte Herangehensweise klare Vorteile: Neben der frühzeitigen Erkennung von Konflikten und der transparenten Prozessgestaltung ermöglicht sie eine Effizienzsteigerung durch die Teilautomatisierung wiederkehrender Aufgaben.
Die BIM-Strategie der DB
Auch die Deutsche Bahn AG (DB) setzt auf BIM, um Infrastrukturprojekte schneller und transparenter zu planen und umzusetzen. Die aktualisierte BIM-Strategie des Vorstandsressorts Infrastruktur (VR I) benennt hierfür Bedingungen und Empfehlungen. Vier zentrale Themenfelder sind dabei im Fokus:
Stabilisierung der Infrastrukturprojekte hinsichtlich der Zielgrößen Qualität, Termine und Kosten
Erhöhung der Produktivität sowie Effizienz bei der Abwicklung von Infrastrukturmaßnahmen für alle Projektphasen im laufenden Investitionshochlauf und für die Kapazitätserweiterungen der Schiene
BIM-Anwendung in Genehmigungs- und Finanzierungsverfahren zwecks Verfahrensbeschleunigung sowie der Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und der Abstimmung mit den Betroffenen
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Verfügbarkeit des Anlagenbestands durch verbesserte Übergabe von Daten aus den Projekten zur Umsetzung von effizienten Instandhaltungsprozessen im Anlagenbetrieb (verbessertes Datenmanagement)
Bereits heute wird BIM regelmäßig in der Planungsphase neuer Infrastrukturprojekte der DB angewendet. Aus den Erfahrungen verschiedener Pilotprojekte hat die DB Standards entwickelt, die für den flächendeckenden BIM-Einsatz gedacht sind. 495 Projekte hat die DB 2003 mit BIM geplant. Aktuell testet sie, wie BIM in Zukunft in der Bauausführung eingesetzt werden soll. Bis Ende 2025 soll die konzeptionelle Entwicklung von BIM über alle Phasen des Planens und Bauens abgeschlossen sein und anschließend im Regelbetrieb weiterentwickelt werden.
Das BIM-Experimentallabor der DB
Für den rund 200 Kilometer langen Streckenausbau zwischen Karlsruhe und Basel hat die Deutsche Bahn AG ein eigenes BIM-Experimentallabor vor Ort in Karlsruhe eingerichtet. Hier können die für das Projekt entwickelten Modelle dreidimensional erfasst werden: Fünf Projektoren projizieren die Planungen auf eine sechs Meter lange, halbrunde Wand und den Boden, sodass eine Person das Modell frei erkunden kann. Andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer können mittels 3D-Brillen live an dieser virtuellen Begehung teilnehmen.
Das Experimentallabor bietet zusätzlich die Möglichkeit, verschiedene Planungen durch Virtual-Reality-Brillen zu erkunden. Am digitalen Planungstisch werden die modellbasierten Planungen gemeinsam analysiert und diskutiert.
Sie interessieren sich für das BIM-Labor bzw. das Projekt Karlsruhe-Stuttgart im Hinblick auf BIM? Im Labor finden regelmäßig Führungen statt, zu denen Sie sich hier anmelden können.