Der Digitale Zwilling in Planung, Bau und Betrieb - ein Überblick

Digitale Zwillinge – DAS Thema der deutschen Baubranche. Alle sprechen darüber, doch es herrscht oftmals noch Unklarheit, was sich genau hinter dem Konzept verbirgt. Das Ziel ist klar: Digitale Zwillinge sollen zur Effizienzsteigerung im gesamten Lebenszyklus von Bauten beitragen. Doch wie wird das erreicht und welche Aspekte umfasst das Konzept? In unserer neuen Reihe zum Digitalen Zwilling wollen wir einen Beitrag zu mehr Klarheit leisten.

Was sind Digitale Zwillinge und was können sie? Einfach formuliert sind Digitale Zwillinge virtuelle Abbilder eines physischen Objekts, Prozesses oder Systems im digitalen Raum. Und doch können auf Sachinformationen und Daten basierende sogenannte „Fachzwillinge“ das Original nie ganz abbilden. Bei der Konzeption eines Digitalen Zwillings wählen die Akteure in Abhängigkeit der zugrunde liegenden Anwendungsfälle gezielt bestimmte Informationen aus, die digital abgebildet werden sollen. Das Ergebnis dieses Prozesses – der digitale Fachzwilling – ist hochspezialisiert und verfügt über verschiedene Funktionalitäten, die sich in ihrer Komplexität je nach Anwendungsfall stark unterscheiden können. Das kann von der reinen Beobachtung des Zustands bis hin zur automatisierten Steuerung des Originals reichen. Sollen verschiedene Aufgabenstellungen oder Aspekte eines Originals abgebildet werden, müssen mehrere Fachzwillinge konzipiert werden. Anschließend können sie kombiniert und die Synergien zwischen ihren Funktionen genutzt werden.

Die folgende Grafik (Quelle: BMDV / iRightsLab GmbH) gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Reifegrade und Funktionen digitaler Zwillinge:

Offen & anpassungsfähig

Digitale Zwillinge können so konzipiert werden, dass sie Informationen in einer standardisierten und herstellerneutralen Weise empfangen, verarbeiten und weitergeben. Offene Dateiformate und Datenstrukturen ermöglichen, dass die digitalen Abbilder jederzeit und mit geringem Aufwand um Software- oder Hardwarekomponenten erweitert werden können. Dennoch können die Fachzwillinge trotz Standardisierung in den unterschiedlichsten Darstellungsformen auftreten – vom simplen Dashboard bis hin zum hochkomplexen intelligenten Modell. Der konkrete Anwendungsfall und die Informationen, die abgebildet werden sollen, bestimmen demnach die Wahl der Visualisierungs- bzw. Analysemethodik.

 

Aktuell & bidirektional

Immer gilt: Je aktueller die zugrundeliegenden Daten, desto präziser kann die Abbildung des Originals im Digitalen Zwilling sein. Ziel ist es, einen möglichst dauerhaften, stark automatisierten Datenfluss zwischen Referenzobjekt und Zwilling zu erzeugen. So können etwa Echtzeitdaten über physische Objekte (z.B. Zustand einer Brücke) mittels Sensoren erfasst und im Digitalen Zwilling verarbeitet werden. Der Datenfluss des Digitalen Zwillings verläuft im Idealfall in beide Richtungen, sodass Erkenntnisse aus Analysen bzw. Simulationen im Digitalen Zwillingen eine fundierte Basis für Entscheidungen bilden oder ggfs. veränderte (Wartungs-)Prozesse oder Planungen in der Realität zur Folge haben.

 

Vom Anfang bis zum Ende mit dabei: eine Nutzung über den gesamten Lebenszyklus

Grundsätzlich können Digitale Zwillinge den gesamten Lebenszyklus eines Referenzobjekts begleiten und das Original in all seinen Entwicklungsstufen abbilden. In der tatsächlichen datenbasierten Umsetzung sind die Möglichkeiten jedoch in der Regel begrenzt. Gerade während dem Bau oder Rückbau von Bauvorhaben stehen nur wenige Informationsquellen oder Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung. Der Umfang des Darstellungszeitraums und die Komplexität der Aufgabenstellung können dementsprechend stark variieren und wirken sich unmittelbar auf Aufwand, Kosten und Dauer der Erstellung eines Zwillings aus.

Digitale Zwillinge sind in Zukunft aus der Planung, dem Bau und dem Betrieb nicht mehr wegzudenken. Technologie und Anwendungsmöglichkeiten werden sich verfeinern, sodass eine detailliertere Abbildung in allen Entwicklungsstufen möglich sein wird. Besonders im Kontext von BIM-Anwendungsfällen gewinnen sie an Bedeutung.

In den kommenden Beiträgen der neuen Serie bieten wir Ihnen vertiefende Einblicke in die Grundlagen, Begriffsdefinition und unterschiedlichen Anwendungsgebiete von Digitalen Zwillingen.

Weitere Informationen stellen wir Ihnen zukünftig auch in regelmäßigen Abständen auf der Internetseite von BIM Deutschland und des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Verfügung.

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